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Re: Re: [InetBib] OA ist Pflicht! Satzung für Universitätsverlag Ilmenau



Lieber Herr Kuhlen,

Sie haben einen wichtigen Punkt angesprochen: Es geht um die "Rückgewinnung der 
informationellen Autonomie der Autoren". 
Es wäre eine wichtige Aufgabe des Gesetzgebers, den Autoren hierbei zu helfen. 

Mir scheint in der ganzen Diskussion um Korb 2 bei den verantwortlichen 
Politikern das Grundanliegen der Urheberrechts aus dem Blick geraten zu sein. 
Es findet sich in § 11 UrhG als wichtiger Leitnorm für das ganze Urheberrecht 
deutlich formuliert: "Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen 
und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient 
zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes."

Hier ist nicht die Rede von Verwertern oder dergleichen. Es geht allein (!) um 
den Urheber. Diese Perspektive gilt es durchzuhalten.  Haimo Schack hat in 
seinem Lehrbuch zum Urheberrecht bemerkenswert prägnante Sätze zur 
Gestaltungsaufgabe des Urheberrechts geschrieben, die mit der nötigen 
Deutlichkeit zur gegenwärtigen Status-quo-Mentalität des Börsensvereins (à la 
Sicherung der Umsätze) Stellung beziehen:

"Das Urheberrecht hat ... auch eine große wirtschaftliche Bedeutung. Doch darf 
man es darum noch lange nicht als 'Recht der Kulturwirtschaft' definieren, das 
den 'Marktbedingungen gerecht werden' müsse. Eine solche Perspektive droht den 
Urheber, der die kulturellen Werte erst schafft, in den Hintergrund zu drängen. 
Die Rechtsordnung hat eine größere Aufgabe, als vorgefundene oder sich 
entwickelnde Marktbedingungen ohne Rücksicht auf nichtmonetäre Ziele rechtlich 
abzusichern." (Haimo Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 3. Aufl., 
Tübingen 2005, Rn. 5).

Zu diesen nichtmonetären Zielen gehört nach meiner Überzeugung auf die 
Gewährleistung einer freien und informationsgerechten Wissensgesellschaft. Ich 
denke, daß in der nächsten Zeit die verfassungsrechtliche Perspektive auf das 
Urheberrecht eine stärkere Bedeutung gewinnen sollte. Im Rahmen eines 
spezifischen Wissensverfassungsrechts wäre zu klären, inwieweit ein gerechter 
Ausgleich zwischen Marktinteressen, die ja (nach Maßgabe der 
Sozialpflichtigkeit des Eigentums!) verfassungsrechtich geschützt sind, und 
Wissenschafts- bzw. Kommunikationsinteressen auszusehen hat. So, wie die Korb 2 
Diskussion gelaufen ist, gibt es hier doch bestürzende Defizite, vor allem bei 
der Einbindung der Wissenschaft.

Ich möchte hier zwei sehr aufschlußreiche Zitate von Hans-Heinrich Trute, Art. 
"Wissenschaftsfreiheit", in: Evangelisches Staatslexikon, Neuausgabe [= 4. 
Auflage], Stuttgart 2006, Sp. 2759-2765 bringen, nämlich:

"In diesem Sinne sind ... die wissenschaftsspezifischen Kommunikations- und 
Publikationszusammenhänge ... von der W[issenschaftsfreiheit]. umfasst ..." 
(Sp. 2761)

"Darüber hinaus wird man ... einen Verfassungsauftrag entnehmen können, 
forschungsfreundliche Rahmenbedingungen im einfachen Recht zu schaffen, wie 
überhaupt die Funktionsfähigkeit des Wissenschaftssystems auch rechtlich 
sicherzustellen. Dazu rechnet neuerdings die Frage, ... ob 
Publikationspflichten etabliert werden können..." (Sp. 2762)

Den von Trute angesprochenen Verfassungsauftrag gilt es umzusetzen!

Eric Steinhauer



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