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RE: [InetBib] § 38 und § 137l UrhG



Liebe Liste,

Auch ich stimme Herrn Steinhauer zu! Allerdings muß ich ihn fragen, welcher
Aussage von Herrn Graf er selbst zustimmt. Herr Graf hat nämlich unterdessen
klammheimlich und ohne Hinweis seinen Text auf
http://archiv.twoday.net/stories/6344762/
in den wesentlichen Worten geändert (ergänzt). Damit hat Herr Graf meine
anscheinend zutreffende Kritik an seinen völlig unhaltbaren Ausführungen
akzeptiert.

Zur Frage, ob § 19a den § 38 ausschließt (Behauptung Graf) oder ob eine analoge
Anwendung heute zeitgemäß ist, möchte ich auf den Kommentar von Fromm/Nordemann
§ 38 Rdn. 2 verweisen, die dafür plädieren. Und Schricker/Schulze § 38 Rdn. 11
wollen zumindest die Grundsätze als "Orientierungshilfe" heranziehen. Andere,
ältere Kommentare schweigen sich ja insoweit noch aus.

Bei all diesen Diskussionen darf nicht vergessen werden, daß es im Interesse von
Bildung und Wissenschaft darum geht, den Urhebern eine möglichst weitgehende
Verfügbarkeit über ihre Werke zu erhalten, auch im Hinblick auf die mittlerweile
in mehreren Gesetzen verankerten Ziele von Open Access. Dafür plädiert Kreutzer,
und dabei sollte man ihn unterstützen!

MfG
  
--
Dr. Harald Müller
 
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht /
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law
and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx

-----Original Message-----
From: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] On Behalf Of Eric Steinhauer
Sent: Thursday, May 20, 2010 9:54 PM
To: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Subject: [InetBib] § 38 und § 137l UrhG

Liebe Liste,

ich stimme Herrn Graf zu. Die Ausführungen von Kreutzer, den ich im Übrigen sehr
schätze, zu § 137l UrhG bei Altverträgen kann ich nicht teilen.

Wenn Autoren von Aufsätzen und anderen unselbständigen Werken keinen expliziten
Vertrag abschließen, was der Regelfall in den Geisteswissenschaften ist, dann
erwirbt der Verleger Rechte im Umfang von § 38 UrhG.

Richtig ist, dass der Verleger ausschließliche Rechte erwirbt. Diese Rechte
erwirbt er aber nur für die Dauer eines Jahres. Danach hat er nur noch einfache
Rechte.

Wir reden über die unbekannte Nutzungsart "Online-Publikation". Diese
Nutzungsart war bis 1995 unbekannt. § 137l UrhG kann daher nur für Publikationen
greifen, die vor 1995 erschienen sind. Soweit für diese Publikationen § 38 UrhG
zur Anwendung kommt, weil eben kein ausdrücklicher Vertrag geschlossen wurde,
dann hat der Verleger spätestens 1996 nur noch einfache Nutzungsrechte. 

§ 137l UrhG ist zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Seine Anwendbarkeit setzt
die Inhaberschaft von zeitlich unbegrenzten (!) ausschließlichen Nutzungsrechten
voraus. Ausschließliche Rechte, die § 38 UrhG vermittelt, sind aber zeitlich
befristet und genügen für § 137l UrhG nicht.

Soweit es um die Frage geht, ob Autoren einer Bibliothek einfache Nutzungsrechte
an vor 1995 erschienenen Publikationen, bei denen kein expliziter Verlagsvertrag
geschlossen wurde, übertragen können, findet § 137l UrhG auf Altverträge KEINE
Anwendung. Das ist allgemeine Meinung.

Nachlesen kann man das bei Schulze, in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., 2008, §
137l, Rn. 30.

Die (strittige) Frage, ob Verlage gleichwohl in der Lage sind, aufgrund ihrer
ausschließlichen Rechte an einer Sammlung, diese als ganze online zu stellen,
ohne dass es schädlich ist, dass der Verlag nach § 38 UrhG nach einem Jahr nur
noch einfache Rechte an dem einzelnen Werk hat, muss Autoren und Bibliotheken
nicht interessieren. Für die Einzelverwertung des Werkes außerhalb der Sammlung
bleibt es dabei, dass der Verlag nur ein einfaches Recht hat und damit § 137l
UrhG nicht anwendbar ist, vgl. Schulze aaO..

Kurz gesagt gilt: Ist ein Aufsatz vor 1995 erschienen und haben Verlag und Autor
keinen ausdrücklichen Vertrag abgeschlossen, dann kommt § 137l UrhG für diesen
Aufsatz nicht zur Anwendung, wenn er separat auf dem Server einer Bibliothek
publiziert werden soll.

Viele Grüße
Eric Steinhauer



--
Dr. jur. Eric W. Steinhauer
Universitaetsbibliothek Hagen
http://www.steinhauer-home.de

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