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Re: [InetBib] Alternative zu Amazon



Hallo, Frau Kubota,

ich würde an Ihrer Stelle für solche Details mal auf der Seite vom
Börsenverein des dt. Buchhandels gucken, aber zunächst mal und völlig
verkürzt gesagt gilt die Preisbindung nur für Bücher von deutschen
Verlagen/ die in Deutschland erscheinen, dazu kommt noch Österreich.
So ein Buch wie das in Ihrem Beispiel wäre davon nicht betroffen.

An kostenlosen Plattformen gibt es ja auch solche Portale:

http://www.pahlke-online.de/buchsatz/buchvorstellungsportale.php

über die vermutlich auch getauscht werden kann. Oder es gibt an
verschiedenen orten öffent.liche Bücherschränke und es gibt
www.bookcrossing.com

Mir ist letztlich nicht ganz klar, worauf Sie hinauswollen -
vorhandene brauchbare Bücher loszuwerden, an Bibliotheken oder auch
Sozialläden, ist kein Problem;
eine kleine feministische Initiative in Arabien ähnlich Ihrem Beispiel
hätte vielleicht eher den Wunsch, ihre Publikation weitestmöglich zu
verbreiten, als damit Geld zu machen und würde sich mit einem Upload
eines ja durchaus online zu erstellenden elektronischen Dokuments auf
entsprechende internationale Plattformen einen größeren Gefallen tun
als mit dem schwerfälligen und teureren Papierformat;
jemand wiederum, der gerne auch Einnahmen haben möchte aus seiner
Arbeit, oder z.B. Musiker ist, wird bei sowas anders vorgehen müssen;
und beim Streamen aus Tonga hat man ja gesehen, wie dagegen
vorgegangen wird - zumindest die betroffenen Firmen finden es nicht
legal und werden fast alles versuchen und über ihre Lobby sogar
Militäreinsätze veranlassen können, um dergleichen zu unterbinden -
ein gutes altes Buch aber kann man nicht streamen wie einen Film, das
muss man mit der Schneckenpost verschicken. Oder scannen/
abfotografieren und per Mail verbreiten.

Als Importeur aus dem englischen Sprachraum gibt es in Bremen
missinglink.de; weitere Importeure anderer Sprachen finden Sie viele
im inetbib-Archiv.

Schöne Grüße -
Silke Ecks

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Am 28. Juli 2013 18:04 schrieb Naomi Kubota <naomi.anne.kubota@xxxxxxxxxxxxxx>:
Sehr geehrte Frau Ecks,


herzlichen Dank für den detailreichen Beitrag zu den rechtlichen
Komplexitäten einer solchen Webseite.

Leider bin ich mit den rechtlichen Bestimmungen für BuchhändlerInnen in
Deutschland etwas überfragt, ich habe mich noch nie damit beschäftigt. Im
Falle einer Webseite würde sich vermutlich auch die Frage stellen, ob eine
solche kostenfreie Vermittlungsleistung für Buchverkäufe überhaupt
verlangen würde, daß die BetreiberInnen der Webseite als "BuchhändlerInnen"
irgendwo formal Mitglied werden, zum Beispiel im Börsenverein. Die bloße
Bereitstellung einer kostenlosen Informationsplattform für VerkäuferInnen
und KäuferInnen von Büchern ist ja an sich kein Handelsgeschäft. Ich nehme
an, eine Privatperson, die auf einer solchen Webseite Bücher zum Verkauf
anbieten würde, bräuchte auch keine solche Mitgliedschaft bezahlen, da sich
dies wohl rechtlich nicht vom Verkauf eines privaten Buches an ein
örtliches Antiquariat unterscheidet.

Was die Buchpreisbindung für deutsche Neuerscheinungen betrifft - meine
Information ist, ohne daß ich die Debatte en détail kennen würde, daß die
deutsche Buchpreisbindung sehr viel dafür leistet, die hierzulande
existierende Pluralität an Buchläden (noch, zumindest in größeren Städten),
Verlagen und AutorInnenfreiheiten abzusichern. Ich weiß nicht, warum es
etwa in Rußland keine Buchpreisbindung gibt, wo erstens literarische
Kenntnisse ein hohes Kulturgut sind und sich zweitens die Preise von
Büchern teilweise sehr unterscheiden und es sich daher finanziell sehr
lohnt, vor größeren Einkäufen Erkundigungen einzuziehen, wo welches Buch am
billigsten ist. Die Buchpreisbindung würde natürlich auch für so eine
Webseite gelten, allerdings ist es, soweit ich es absehen kann, relativ
egal, ob ein neues deutsches Buch über das Internet, vom Verlag oder im
regionalen Buchhandel erworben wird - für Menschen in kleinen Orten, in
denen die Buchhandlung wegen starker Konkurrenz von Ketten leider schließen
mußte, ist es sicherlich bequemer, ein Buch per Internet zu bestellen und
als Päckchen nach Hause geliefert zu bekommen, statt einen der wenigen
Linienbusse in die nächste Kleinstadt nehmen zu müssen oder das Auto.

Ich wäre sehr dankbar, wenn irgendjemand auf dieser Webseite mir informiert
sagen könnte, ob die deutsche Buchpreisbindung auch dann gilt (und in
welchem Sinne), wenn ein neues Buch aus dem Ausland auf einer solchen
Webseite angeboten würde (oder auch von einem Buchladen hierzulande für
einen Kunden beschafft wird). Sicherlich wäre es hilfreich, wenn etwa ein
französischsprachiges Buch einer marokkanischen Feministin, das u.U. von
einer kleinen, ehrenamtlichen Initiative eines marokkanischen Kollektivs
herausgegeben wurde, auch direkt ohne Zusatzkosten über eine solche
Webseite angeboten und gekauft werden könnte (ich denke z.B. an "Le Harem
européen" von Fatima Mernissi, das mir mein Antiquar, der bei britischer
und US-amerikanischer Fachliteratur im Bereich der antiken griechischen
Ethik keine Probleme hat, mir nicht besorgen konnte). Das wäre dann nicht
nur dem deutschen, sondern auch dem internationalen Schutz kleiner Verlage
förderlich.

Die Frage, wer eine solche Webseite in verschiedene Sprachen anwendbar
übersetzen könnte, ist sicherlich das kleinere Hindernis. Eine rechtliche
Frage wäre jedoch auch, ob die gesamte juristische Debatte völlig anders
geklärt werden müßte, wenn etwa eine solche Webseite auf einem Server des
Königreiches Tonga beheimatet wäre, wo wegen der dortigen rechtlichen
Bestimmungen z.B. das Ansehen von Kinofilmen im Streaming-Verfahren völlig
legal ist und nach meinem Kenntnisstand daher auch beim Abrufen in
Deutschland keinerlei rechtliche Konsequenzen hat (www.kinox.to).

Zu guter Letzt gibt es auch AkademikerInnen, die mit universitärer oder
journalistischer Anbindung relativ gezielt Verlage auffordern, ihnen
Freiexemplare zur Rezension zuzuschicken, bei denen sie dann natürlich
weder Buchpreis noch Porto bezahlen. Diese völlig legale Vorgehensweise,
die manchmal etwas exzessiv zum Ausbau der eigenen Bibliothek genutzt wird,
kann nur dann rechtlich verantwortlich gemacht werden, wenn der Verlag
selbst irgendwann bemängeln sollte, daß etwa zahlreiche versandte
Rezensionsexemplare an immer dieselbe Person nie zu einer Rezension
führten. Wenn die angeblichen Rezensionen dann in obskuren Publikationen in
einer seltenen Sprache im Ausland erschienen sind, sind wohl viele deutsche
Verlage einfach mit der Frage überfordert, ob da irgendein Fehlverhalten
vorliegt. Ich würde sagen, hier unterliegt das individuelle Verhalten
solcher AkademikerInnen den Kriterien nicht nur des "beruflichen"
Geschmacks sondern auch der persönlichen Ethik, unabhängig jeglicher
rechtlichen Verfolgbarkeit.


Mit freundlichen Grüßen


Naomi Anne Kubota
--
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