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Re: [InetBib] Nur so ne Frage.



Lieber Herr Prof. Umstätter, 
in der Tat, das Zugemülltwerden durch Spots, die Text oder Videos vorgeschaltet 
werden, die man aufgerufen hat, das zugemüllt werden mit Profilemails, wenn man 
irgendeinen Dienst im Netz benutzt hat, das hat mittlerweile eine Penetranz 
erreicht, die ich für mich persönlich als Quälerei empfinde. Ich habe kürzlich 
mal 2 Tage gebraucht, eine von mir gar nicht gewollte "Suchmaschine" wieder aus 
den Tiefen meiner Systemeinstellungen zu entfernen, die ich gar nicht nutzen 
wollte und die sich über Caches, versteckten Systemeinstellungen und 
irgendwelchen zu entfernenden Add-Ons immer wieder hochgespult hat. Das ist 
perfekt von diesen Leuten ausgeklügelt und in gewisser Weise 
Freiheitsberaubung. Der "Dienst" hat mich in diesen Stunden dann auch noch mit 
den offenbar wichtigsten Fragestellungen wie Abnehmen, Börsenspekulation und 
anderen mir völlig fremden Themen abgenervt und ich hatte eine Wut... 
Da habe ich  auch schon öfter die Idee gehabt, wie man das "verbietet". Ich 
glaube so einfach wie Werbung am Telefon ist das leider nicht zu lösen. 
Es ist zudem nicht jede Werbung unerwünscht.

Übrigens: Man wird von solchem Zeugs auch daran gehindert, konzentriert zu 
arbeiten. 

Bzgl. Kostenlos- Verlagsprodukt - und Open Access ist allerdings ein 
differenzierteres Argumentationsportfolio zu beackern. Ich bin immer noch für 
OA und OS - aber kein grundsätzlicher Verlagsfeind, es kann auch gute 
Kooperationen geben. Und es gibt eben auch Kosten, die verteilt werden müssen. 
Um ein Wissenschaftspublikationssystem zu ändern braucht es eben ein paar 
Jahre. Ich sehe das ganz locker. 
Mit Gruß


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von h0228kdm
Gesendet: Donnerstag, 1. August 2013 13:44
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Nur so ne Frage.

Lieber Herr Sander-Beuermann,

es wäre schön, wenn die „Kostenloskultur sich dem Ende neigt“, nur ich habe den 
Eindruck, dass im Moment noch das Gegenteil geschieht. Die Verleger, und nicht 
nur sie (Hauff, A.: Wissenschaftliche Publikationen und „freier“ Zugang – 
alternative Geschäftsmodelle oder Freibier für alle? Bibliothek, Forschung und 
Praxis 2013; 37(1): 25–31) prangern diese Kostenlosmentalität ja besonders an, 
aber die meisten von ihnen leben ja gerade davon, dass sie uns mit Reklame 
zuschütten, und das immer aggressiver. Sie benutzen Information, Wissen, Sex 
oder Sensationen (je nach Zielgruppe) nur um ihre Reklame (durch die sie 
bezahlt werden) zu verbreiten. Die vielbeklagte Informationsflut des letzten 
Jahrhunderts artet inzwischen in einen Reklamezunami aus. Sicher haben sie 
Recht, dass die „Anbieter immer stärkere Finanzierungsprobleme“ bekommen, 
insbesondere darum, weil das Finanzvolumen des Reklamemarktes begrenzt ist, 
aber gerade darum wird der Markt immer aggressiver umkämpft.

Bei genauer Betrachtung ist ja auch ein zunehmender Teil von Open Access nichts 
anderes, als dass die Autoren selbst dafür bezahlen, dass man sie liest. Sonst 
haben sie beim publish-or-perish keine Aufstiegschancen. 
Wenn oft pseudowissenschaftliche Produkte dann noch  verdeckt oder offen von 
Special Interest Groups finanziert werden, wird es besonders ärgerlich (s. 
Pharmaindustrie). Im Prinzip leben doch auch die wissenschaftlichen Verlage nur 
davon, zu behaupten, sie würden die qualitativ besten Arbeiten über Peer 
Reviewing herausfiltern und dann durch ihren guten Ruf (Impact Factor) dafür 
Reklame machen.

Das Hauptproblem bei der Reklame ist inzwischen, dass kein ernst zu nehmender 
Mensch erfahrungsgemäß erwartet, dass sie einen Wahrheitsgehalt transportiert, 
und damit werden wir mit Nonsens (manchmal sogar lustigem, oft aber 
pseudowissenschaftlichem) zugemüllt.

Die „Kostenloskultur“ ist inzwischen so weit, dass sie uns permanent 
aufgezwungen wird, und für die Gesellschaft immer teurer wird, weil sie zu viel 
Zeit raubt. Seitdem die Werbung entdeckt hat, dass Redundanz (digitale Kopien) 
sie nichts kostet, drückt sie diese in alle Rechner hinein und die 
Rechtsprechung schaut zu, ohne zu merken, dass das ein massiver Missbrauch der 
Informationsfreiheit ist.
Das Internet braucht ein neues Recht für Werbung, es sei hier nur an das 
„Virale Marketing“ erinnert, und die Informationsspezialisten  sollten ihr Know 
How dazu beitragen.

MfG
Walther Umstätter

Am 2013-08-01 10:52, schrieb wsb@xxxxxxxxxx:
Liebe Liste,

ich denke, das Problm ist, dass es in den früheren Jahren einigermaßen 
gelungen war, den "Kommerzmüll" aus dem Internet zumindest aus 
Teilbereichen fernzuhalten.

Jetzt, wo die Kostenloskultur sich dem Ende neigt, haben immer mehr 
Anbieter immer stärkere Finanzierungsprobleme.  Das ist bei unserer 
MetaGer nicht anders.  Wir hatten daher zeitweise auf der 
MetaGer-Ergebnisseite ziemlich dicke Werbebanner.  Aber es sah so 
schrecklich, und diese Banner setzten obendrein noch User-Tracker, 
dass wir diese Werbung komplett wieder rausgenommen haben und 
ausschließlich ein paar Text-Werbelinks anzeigen.

Die Einnahmen daraus reichen aber nicht für die Finanzierung von 
MetaGer.
Also haben wir einen Spendenaufruf gemacht 
(https://metager.de/spende.html).

Ob hiermit und aus SUMA-EV Mitgliedsbeiträgen MetaGer langfristig 
finanzierbar ist, wird sich zeigen - noch vertrauen wir darauf.

Beste Grüße!
Wolfgang Sander-Beuermann
--
Dr. Wolfgang Sander-Beuermann   Tel: 0511-34 00 00 71    www.metager.de
Vorstand & Geschäftsführer SUMA-EV                       www.suma-ev.de
Leiter Institut für Suchmaschinen-Technologie im SUMA-EV in 
Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover, Röselerstr. 3, 30159 
Hannover





On Thu, Aug 01, 2013 at 09:08:47AM +0200, Till Kinstler wrote:
Am 31.07.2013 19:31, schrieb h0228kdm:

Das Internet verkommt zu einer einzigen Reklameplattform,

Bei Zeitungen und Publikumszeitschriften ist das schon lange 
passiert. Bei Radio und Fernsehen auch.

Aus meiner Sicht ist das nicht nur ein Internetproblem.

Eben...

Viele Grüße,
Till Kinstler

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http://www.inetbib.de

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