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Re: [InetBib] BGH-Entscheidung: Zur Zulässigkeit elektronischer Leseplätze in Bibliotheken



Liebe Alle,

Gilt dieses Urteil nur für Bücher oder für sämtliche Werke innerhalb der 
Bibliothek?
Ich kann das gerade nicht so recht herauslesen...sollte es sich tatsächlich um 
sämtliche Werke handeln, werden reine Printabonnements von Zeitschriften 
bestimmter Verlage ja auf einmal wider äußerst attraktiv, nicht?

Viele Grüße

Luisa Kegel

Am 17.04.2015 um 10:41 schrieb Annette Kustos 
<Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx>:

guten Morgen,
Herr Thomas Hartmann vekuendete soeben formvollendet im Seminar "digitale 
Medien" in Berlin
den Erfolg. 
in der Tat muss man Kosten etc zu EBook-Angeboten  abwaegen, aber 
ueberteuerten EBook-Zugriffen laesst sich schon begegnen-incl digitalem 
Praesenzsemesterapparaten :-)
die Archivkopieregelung war hier unzureichend.
viele Gruesse
A. Kustos

Am 17.04.2015 um 10:23 schrieb "Upmeier Arne Dr. TU Ilmenau" 
<arne.upmeier@xxxxxxxxxxxxx>:

Liebe Frau Kustos,

ja, es geht bei dem gestrigen Urteil nur um Leseplätze in den Räumen der 
Bibliothek, (leider) nicht um Hochschulzugriff oder Lernplattform. Und ja, 
die Bibliothek darf dabei auf die jeweilige digitale Kopie so viele 
parallele Zugriffe gewähren, wie Sie Printexemplare im Regal haben. Faktisch 
sollte das nicht überbewertet werden: der Aufwand, ein Buch, das man sowieso 
hat, zu digitalisieren, um es dann ausschließlich als zusätzliches 
"digitales Präsenzexemplar" zu nutzen, muss sorgfältig abgewogen werden. Neu 
ist, dass dieses zusätzliche Präsenzexemplar in gleichem Umfang ausgedruckt 
und kopiert werden darf, wie das bei dem papierenen Bruder auch der Fall ist.

Spannend ist Ihre Frage nach Booktex. Bei Booktex geht es zunächst um etwas 
anderes, nämlich die Verwendung von kleinen Teilen von Büchern oder 
einzelnen Aufsätzen in digitalen Semesterapparaten (Lernplattformen). Im 
Gesetz (§ 52a UrhG) steht, dass die Verwendung nur erlaubt ist, wenn die 
Verwendung zum Zweck "geboten" ist. Der BGH hatte dazu früher geurteilt, 
dass eine solche "Gebotenheit" nicht gegeben sei, wenn es irgendwo 
angemessene Verlagsangebote zur Lizenz der Texte gibt. Ein solches Angebot 
macht Booktex. Faktisch hat die BGH-Rechtsprechung aber dazu geführt, dass 
alle Dozenten, die einen Text in einem Seminar anbieten wollten, erst 
umfangreiche Internet-Recherchen anstellen müssen, ob es irgendwo ein 
Angebot wie eben Booktex gibt. Dann muss der Dozent - wie auch immer - 
bewerten, ob dieses Angebot auch "angemessen" ist. Erst nach dieser Prüfung 
ist der gewünschte Text mit Angaben zum Kurs und dessen Teilnehmerzahl an 
die VG Wort zu melden und erst dann darf er tatsächlich im Seminar verwendet 
werden. Wie praxisfern das ist, lasse ich an dieser Stelle lieber 
unkommentiert...

Zurück zu §52b (=Leseplätze) und dem aktuellen Urteil: hier hatte 
insbesondere der EuGH gesagt - und der BGH ist dem nun gefolgt -, dass 
einseitige Verlagsangebote die Anwendung der Norm nicht aushebeln dürfen. 
Das ist aber im Prinzip genau die gleiche Konstellation wie bei den 
Verlagsangeboten zu § 52a UrhG, die eben auch einseitig die Anwendung der 
Norm aushebeln. Wir Juristen werden nun also - auch mit Blick auf die 
angekündigte Wissenschaftsschranke - verstärkt die Köpfe rauchen lassen, ob 
die neue BGH-Entscheidung zu § 52b auch auf den praktisch viel wichtigeren § 
52a UrhG und damit auf Booktex etc. durchschlägt. Hier müssen wir aber noch 
die genauere Begründung zum gestrigen Urteil abwarten.

Beste Grüße!
Arne Upmeier

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von 
Annette Kustos
Gesendet: Donnerstag, 16. April 2015 22:07
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] BGH-Entscheidung: Zur Zulässigkeit elektronischer 
Leseplätze in Bibliotheken

Lieber Herr Dr. Upmeier,
Ich gehe sicher richtig davon aus, dass damit nicht Hochschulzugriff oder 
die Lernplattfom gemeint sind, sondern der einzelne Leseplatz "in" der 
Bibliothek, dazu noch bezogen auf die Anzahl der gekauften Exemplare der 
Bibliothek.
Dennoch wäre doch damit auch das Geschäftsmodell von Anbietern wie Booktex 
dahingehend erledigt, dass die Bibliothek nur dann nicht mehr digitalisieren 
darf, wenn sie bereits einen Vertrag hat (man begucke seine E-Bookpakete), 
aber unabhängig von der Existenz von digitalen Angeboten?
Es lebe die Vertagsfreiheit :-) ??

Freundliche Grüße
A. kustos

Am 16.04.2015 um 17:26 schrieb "Upmeier Arne Dr. TU Ilmenau" 
<arne.upmeier@xxxxxxxxxxxxx>:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zur Einordnung: Dies ist ein großer Sieg der Bibliotheken vor dem BGH. Die 
Rechtsauffassung des dbv wurde voll (!) bestätigt. Der BGH hat 
festgestellt, dass es erlaubt ist:

1.) Bücher die eine Bibliothek im Bestand hat, zu digitalisieren, um 
sie
2.) an Leseplätzen in den Räumen der Bibliothek ihren Nutzern zur Verfügung 
zu stellen.
3.) Im gleichen Umfang wie bei gedruckten Büchern (kleine Teile) darf 
ausgedruckt und auch auf USB-Sticks gespeichert werden.
4.) Selbst angemessene Lizenzangebote der Verlage hindern diese Rechte der 
Bibliotheken nicht.

Ein großer Dank an die ULB Darmstadt, die diesen Erfolg für die deutschen 
Bibliotheken durchgefochten hat!

Fröhliche Grüße,
Arne Upmeier


---
Dr. Arne Upmeier

Universitätsbibliothek Ilmenau
Dezernent Benutzung
Fachreferent für Politik, Recht und Wirtschaft Langewiesener Straße 37
98693 Ilmenau

Tel.: 03677/69-4534





-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag 
von Niemeyer, Ralf
Gesendet: Donnerstag, 16. April 2015 16:55
An: 'Internet in Bibliotheken'
Betreff: [InetBib] BGH-Entscheidung: Zur Zulässigkeit elektronischer 
Leseplätze in Bibliotheken

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

soeben wurde die Pressemitteilung Nr. 64/15 vom 16.04.2015  zu o.g. 
BGH-Entscheidung veröffentlicht.

Sie finden Sie unter:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?G
ericht=bgh&Art=pm&Datum=2015&Sort=3&nr=70808&pos=0&anz=64



Mit freundlichen Grüßen

--

i.A.

Ralf Niemeyer

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