[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] Deutsches "NewsGuard" - "Glaubwürdigkeitsampel" gegen Fake News



Hallo, 

ich finde es gut, dass das Thema noch einmal aufgegriffen wird. Ich möchte hier 
in weiten Teilen Markus Schnalke zustimmen und hinzufügen:

Die Themenauswahl, der der Einzelne eine aufwändige Auseinandersetzung und 
Quellenvergleiche widmet oder wo er bereits einen soliden Hintergrund 
mitbringt, wird ziemlich gering sein. Alles, was danach bzw. dazu kommt, soll 
im Netz schnell und aufwandslos recherchiert werden. Wenn man nun annähme, die 
Informationen kämen in diesem Fall nicht nur aus der Filterblase (bei sehr 
vielen Menschen allein FB u.ä. andere gehen nur zu SPON oder nur zu 
tagesschau.de), sondern tatsächlich aus diversen Quellen, wird es dann 
unmöglich, kritisch zu trennen. Auch bei "bewusster Auseinandersetzung", die 
wir doch selbstredend voraussetzen wollen. 

Dass "nahezu alle Konsumenten die Gesundheitsgefährdung von Zucker und Fett 
richtig einschätzen" könnten, bezweifel ich doch sehr. Dafür muss man schon 
eine medizinische Ausbildung haben und selbst Ärzte sind sich in Sachen 
Ernährung ziemlich uneinig. Das wäre dann analog der medialen Welt.

Ich würde noch einmal wiederholen, dass eine App wie NewsGuard ein recht 
zweischneidiges Schwert ist. Sie kann vielleicht helfen, für die kritische 
Einschätzung verschiedener Netzquellen in die Spur zu kommen. Aber eben auch 
nur, wenn sie nicht dauerhaft eingesetzt wird oder nur im Falle eines völlig 
unbekannten Terrains. 

Und zur ursprünglichen Frage, ob eine solche App etwas in der Bibliothek als 
Nutzerangebot zu suchen hat: Um Gottes Willen, bloß nicht! 


Abschließende Frage an Uwe Reh: 

" Alle die zurecht 'Pfui' rufen möchte ich fragen, ob sie sich schon mal 
Gedanken über die Suchvorschläge in der Browserleiste gemacht haben oder ob sie 
wissen welche Technik hinter dem Schalter "Schutz vor gefährlichen Seiten" 
steckt und wer daran verdient?

Vor diesem Hintergrund, fällt meine Beurteilung weiterhin positiv aus."

Was soll das nun heißen? Wer sich bisher kaum Gedanken gemacht hat, braucht 
sich die nun auch bei NewsGuard nicht zu machen?


Beste Grüße, 
Falk Hartwig 


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: markus schnalke via InetBib [mailto:inetbib@xxxxxxxxxx] 
Gesendet: Montag, 17. Juni 2019 15:22
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Deutsches "NewsGuard" - "Glaubwürdigkeitsampel" gegen 
Fake News

Hoi.

[2019-06-15 01:22] Uwe Reh via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>

Zurück zu NewsGuard:
Dazu habe ich zwei Thesen:

1.
Auch ich glaube dass die meisten Nutzer bei bewusster Auseinandersetzung 
mit einem Thema in der Lage sind die meisten Quellen richtig 
einzuschätzen. NewsGuard würde dabei nicht oder nur marginal helfen. 
Allerdings unterstelle ich, dass die meisten Informationen nebenbei und 
unbewusst konsumiert werden. Dabei kann sich manche "Wahrheit" 
einschleichen.

An dem anderen Problem, dass man andere Sichtweisen gar nicht zu sehen
bekommt, wuerde das aber nichts aendern, oder? Bewusste Auseinandersetzung
funktioniert doch nur auf Basis von vertrauenswuerdiger Information.
Wenn ich bewerten soll, ob eine Informationsquelle vertrauenswuerdig ist,
brauche ich andere Informationsquellen zum Vergleich. Die muss ich erstmal
haben und mir recht sicher sein koennen, dass sie das Spektrum abdecken
und nicht nur alle aus der gleichen Informationsverzerrerecke kommen. Dann
bewerte ich sie anhand der groesseren Integritaet (in Tiefe und Breite)
und meines persoenlichen Vertrauens auf die jeweils Beteiligten ... was
am Ende wieder auf deren bisher gezeigte Integritaet zurueckgeht ... und
-- seien wir ehrlich -- davon abhaengt, ob deren Ziele meinen entsprechen.


Ich muss bei mir selber feststellen, dass ich z.B. in verschiedenen
Umweltfragen Schwierigkeiten habe, Aussagen zu bewerten. Das liegt zum
Grossteil daran, dass mir die Faktenbasis fehlt oder ich nicht weiss, wie
vollstaendig sie ist. Auch wenn ich denke, dass ich doch Quellen ganz
gut einschaetzen koennen muesste, stelle ich immer wieder fest, dass ich
es gar nicht kann.


(Darueber hinaus ist die Vorstellung genau einer absoluten Wahrheit auch
schwierig. Manchmal ist verschiedenes gleichzeitig richtig, abhaengig
von der Betrachtungsweise. Man kann dann kein absolutes Richtig oder
Falsch finden.)


Dazu ein Analogon: Nahezu alle Konsumenten können die 
Gesundheitsgefährdung von Zucker und Fett richtig einschätzen. Warum 
wehrt sich die Lebensmittelindustrie dann so vehement gegen die Ampel?

Aber selbst abgesehen von den Interessen der Lebensmittelindustrie:
Und warum essen die Konsumenten das Zeug auch wenn sie wissen, dass
es schlecht ist? Der Grund ist, dass die sofortigen Vorteile groesser
bewertet werden als die moeglichen zukuenftigen Nachteile.

Das Beruhigende einer klaren Aussage ist wohl manchmal angenehmer als
die unangenehmen Folgen wenn sie sich moeglicherweise als falsch
herausstellt. Manchmal will man vielleicht auch besser gar nicht wissen,
wieviel Zucker/Luege drin steckt. ;-)



Allerdings sehe ich in dem Tool kein Werkzeug zur Schaffung von 
Medienkompetenz, sondern eine Hilfestellung wenn die Medienkompetenz 
gerade schläft.

Ja. Man braucht auch Medienkompetenz um das Ergebnis eines solchen
Programms bewerten zu koennen! Nicht jedes Mal wenn die Warnlichter
angehen ist es ein Notfall, und bei manchem Notfall leuchten keine
Warnlichter. Das nicht zu vergessen, ist die Herausforderung!


markus


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.