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Re: [InetBib] Entwertung der GND



Lieber Herr Ketsch, liebe Kolleg*innen,

vielen Dank für Ihr Interesse und Feedback zur GND.
 
Die Namensdatensätze für Personen (Tn-Datensätze) sind nach einem langen 
Abstimmungsprozess in der GND-Kooperative seit Mitte Juni 2020 nicht mehr 
Bestandteil der Gemeinsamen Normdatei (GND). Dies wurde im Vorfeld (23. August 
2019) über verschiedene Kanäle auch angekündigt [1].
 
Ein Namensdatensatz (Tn) wurde bis zu diesem Zeitpunkt für verschiedene 
Personen mit demselben Namen genutzt und repräsentierten damit nicht eine 
bestimmte Person. Diese Datensätze wurden bisher immer dann angelegt, wenn die 
individualisierenden Merkmale für das Anlegen eines Personennormdatensatzes 
(Tp) nicht ausreichend vorhanden bzw. bekannt waren.

Die Namensdatensätze entsprechen somit nicht den heutigen Anforderungen an 
Normdaten, die eindeutig und zuverlässig Entitäten identifizieren und 
beschreiben. Darüber hinaus ist der Mehrwert für die Recherche sehr begrenzt, 
weil die Recherche über den Namen in den Bibliothekskatalogen zum gleichen 
Ergebnis führt, unabhängig davon, ob der Personenname als Zeichenkette oder als 
GND-Referenz erfasst wurde.

Deshalb sind die Verknüpfungen von Namensdatensätzen in den Titeldaten der 
Zeitschriftendatenbank (ZDB) und der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) auch 
rückwirkend gelöst worden. Die Namensdatensätze sind jedoch weiterhin mittels 
Permalink (https://d-nb.info/gnd/...) erreichbar und sind mit dem Hinweis 
„Status: Datensatz ist nicht mehr Bestandteil der Gemeinsamen Normdatei (GND)“ 
versehen.

Bezüglich des Beispiels zu Ihrem Namen: Bisher gab und gibt es einen Datensatz, 
der Ihre Person repräsentiert http://d-nb.info/gnd/1158992467. Der 
Namensdatensatz http://d-nb.info/gnd/110658175 repräsentierte bisher alle 
Personen, die den Namen „Peter Ketsch“ tragen.

Für jeden einzelnen Titel müsste intellektuell entschieden werden, ob er Ihrem 
Personendatensatz zuzuordnen ist. Um zukünftig in Titeldaten häufiger zu 
eindeutigen Verknüpfungen zu GND-Entitäten zu kommen, wird zur Zeit daran 
gearbeitet, verbesserte (Vorschlags-)Verfahren - auch unter Berücksichtigung 
anderer Normdaten – zu entwickeln. Diese sollen es ermöglichen, in Fällen wie 
dem Ihren, die Titeldaten-Verknüpfung mit dem richtigen Normdatensatz auf eine 
einfache und effektive Art und Weise zu erstellen.

Wenn Sie Interesse haben oder die Möglichkeit sehen, dass die bisherigen 
Namensdatensätze, die Sie verwendet haben, mittels der Informationen aus Ihrer 
Datenbank in neue Personendatensätze überführt werden können, würden wir uns 
freuen, wenn Sie uns kontaktieren würden.

Weitere Informationen finden Sie hier [2].

Mit freundlichen Grüßen,
i.A. Ihre GND-Redaktion

 
[1] 
https://www.dnb.de/SharedDocs/Downloads/DE/Professionell/Metadatendienste/Rundschreiben/rundschreiben20190823AbschaffungNamensdatensaetzen.pdf
[2] https://wiki.dnb.de/x/aJDOC


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxx] Im Auftrag von verein--- via 
InetBib
Gesendet: Dienstag, 8. September 2020 11:22
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: [InetBib] Entwertung der GND


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Entwicklung der GND war und ist ein Quantensprung in dem Aufbau vernetzter, 
verlässlicher Rechercheinfrastrukturen. Im vergangenen Juni hat die DNB nun 
aber die Verknüpfung mehrerer tausend Personennormdatensätze von den bisherigen 
Titeldatensätzen gelöst. Die bisherigen GND-Links führen damit ins Nichts. Die 
Titel bleiben zwar weiterhin recherchierbar, die Verknüpfung mit weiteren 
Werken der jeweiligen Autor/innen oder weiterführenden Informationen - also dem 
eigentlichen informationstechnischen wie wissenschaftlichen Nutzen der GND - 
läuft jedoch ins Leere. Normdaten machen jedoch nur dann einen Sinn, wenn sie 
permanent verfügbar bleiben. Änderungen im System müssen zu Weiterleitungen 
führen, dürfen aber nicht in einer Sackgasse münden.

Verdeutlichen möchte ich die Problematik an einigen Beispielen:

  *

    Grimsley, Ronald (1963): Jean d'Alembert (1717 - 83). Oxford:
    Clarendon Press.

    Der Autor war bisher mit folgenden Link verknüpft:

    http://d-nb.info/gnd/151133948

    Dieser wurde nun gelöst, da vermeintlich keine ergänzenden
    individualisierenden Merkmale vorliegen. Der Virtual International
    Authority File http://viaf.org/viaf/24500 wie auch Wikidata
    https://www.wikidata.org/wiki/Q59527811 verfügen jedoch über die
    entsprechenden Daten. Konsequent wäre also die Ergänzung des
    Datensatzes, nicht aber dessen Löschung gewesen.

  *

    Heinlein, Otto (1939): August Bohse-Talander als Romanschriftsteller
    der galanten Zeit. Bochum: Pöppinghaus.

    Eine GND für den Autor ist nicht mehr auffindbar. DerVirtual
    International Authority File http://viaf.org/viaf/306074632
    verzeichnet ihn korrekt mit dem Geburtsdatum 1902. Ein Datum, das
    auch der DNB nicht unbekannt ist, schließlich hat sie die
    Dissertation als Digitalisat ins Netz gestellt
    https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:101:1-2012042510566 In der
    Dissertation ist wie üblich auch das Geburtsdatum angegeben.

  *

    Mein eigener Fall: Bisher gab es für mich zwei Datensätze

    http://d-nb.info/gnd/1158992467

    http://d-nb.info/gnd/110658175

    Publikationen von mir waren nur mit dem letzten Link verbunden. Die
    Verknüpfung mit dem Namen wurde nun gelöst, während der weiterhin
    vorhandene Link nur noch mit einigen biographischen Daten verbunden
    ist, nicht aber mit Titeln. Nun, ich hätte mich schon mal lange drum
    kümmern sollen. Sorry. Wenn man nun aber die früher mit dem zweiten
    Link verknüpften Werke mit dem ersten Link verbindet, so darf der
    zweite Link gleichwohl nicht wie vorgesehen gelöscht werden, da
    sonst externe Verknüpfungen ins Leere laufen. Korrekturen und
    Systemänderungen sollten konsequenterweise durch Weiterleitungen zum
    aktuellen, richtigen Link aufgefangen werden.

Das mit dem Vorgehen der DNB verbundene Anliegen, eindeutige und zuverlässige 
Entitäten zu identifizieren und zu beschreiben, ist grundsätzlich zu begrüßen, 
die Vorgehensweise, pauschal vermeintliche oder tatsächliche Unstimmigkeiten 
durch Entkoppelung und Löschung zu beseitigen, ist jedoch m. E. der falsche Weg 
und gefährdet die Akzeptanz der GND. Wäre es nicht vernünftiger, zunächst einen 
Datenabgleich mit anderen Normierungen vorzunehmen? So fällt immer wieder auf, 
dass GNDs gar nicht oder mit einem eigenen VIAF-Identifikator in der 
VIAF-Datenbank verzeichnet sind. Der Nutzwert der GND hängt doch auch von der 
systematischen und eindeutigen Verknüpfung mit anderen Identifikatoren ab. 
Weiterhin könnte man die wissenschaftliche Community zur Mitarbeit aufrufen, 
indem man um Mithilfe bei der Bereinigung von unklaren Datensätzen bittet. Eine 
weitere Möglichkeit wäre die Auflegung eines Sonderprogramms mit der 
Beschäftigung von studentischen Hilfskräften, die gerade in diesen Coronazeiten 
händeringend nach Beschäftigungsmöglichkeiten suchen.

Meine Mitarbeiter/innen und ich haben in den vergangenen Monaten bei der 
Vorbereitung des erweiterten Neuauftritts der bibliographischen Datenbank 
https://enzyklothek.de viel Zeit für die Verknüpfung der Datensätze mit den 
GND-Identifikatoren aufgebracht und können nun unsere Arbeit z. T. in die Tonne 
klopfen bzw. bieten den Nutzer/innen Links an, die nicht funktionieren. Anderen 
dürfte es ähnlich gehen.


Kurzum, mein Plädoyer: Erst Ergänzung und Korrektur sowie ggf. 
Weiterleitung innerhalb des Systems, aber kein Kahlschlag bei den Daten.

Peter Ketsch

Cliothek e. V.




Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.