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Re: R-Reform: heute Entscheidung



W. Umstaetter wrote on June 3 12:18
> Ich frage mich, ob INETBIB wirklich das Forum zum Kampf gegen die
> Rechtschreibreform ist.
> Soweit es eine Auseinandersetzung darueber ist, ob die
> Rechtschreibreform beispielsweise die
> Nutzung des Internets erleichtert oder erschwert, ist es eindeutig ein
> Thema hier.

Darüber reden wir ja die ganze Zeit. Also...

> Wenn also "der Sprachprofessor H.H. Munske" fuer die FAZ Partei ergreift
> und schreibt:
> "Es ist Zeit, dass weitere Zeitungen und Verlage zur bewaehrten, immer
> noch gueltigen Rechtschreibung zurueckkehren. Sie allein bietet
> Sicherheit fuer
> dauerhaft richtig geschriebene Texte."
> dann darf er selbstverstaendlich seine Ansicht öffentlich vertreten.
> Sie in dieser ueberspitzten Diktion zu beweisen wird ihm kaum moeglich
sein,
> nachdem die Dynamik einer jeden lebenden Sprache bereits mehrfach
> diskutiert worden ist.

Der Punkt ist aber der: das, was die Rechtschreibkommission
vorschlägt, sind eben keine Vorschläge, die durch die "Dynamik der
lebenden Sprache" motiviert sind, sondern Reglementierungen, die der
Sprachgemeinschaft aufgezwungen wurden durch eine Kommission, deren
Legitimität und Fachkompetenz mehr als nur in Frage steht. Oder so:
Bevor besagte Kommission sich den "Delfin" ausgedacht hat, waren
höchstens Erstklässler auf die Idee gekommen, den Delphin so zu
schreiben. Weitere Beispiele nach Belieben.

> Ich sehe nur wiederholt die Gefahr, dass Bibliothekare ihr Image als
> ewig gestrige verstaerken.
> Und wie stark uns das zu schaffen macht ist hier oft genug diskutiert
> worden.

Und schon sind Sie der Rechtschreibkommission auf den Leim gegangen:
die sog. "progressive" Schreibung, die man dort propagiert, hat mit
"progressiv" nicht das geringste zu tun; aber man schafft durch dieses
Adjektiv natürlich legitimatorische Zwänge, indem die bisherige
Orthographie plötzlich nicht nur "alt", sondern womöglich auch noch
"konservativ", wenn nicht gar "reaktionär" zu sein scheint.

Ich meine eher, die Bibliothekare hätten gut daran getan, ihre
Professionalität darin zu beweisen, daß sie nicht dem angeblichen
Zeitgeist hinterherhechten, sondern auf breiter Front klar machen,
warum die neue Orthographie ein Problem auch für bibliothekarische
Datenbanken ist und warum die Bibliotheken die Regeln daher
ablehnen. Ich finde es eher sehr zeitgeistig, daß kein einziger
Bibliothekartag all diese Probleme zum Thema hatte. Auch da macht man
wohl lieber in "Fortschritt".

Schöne Grüße,

Uwe Jochum


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.