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Re: Die Bibliothek des IB der HU Berlin + LIS



Sehr geehrter Herr Dietz,
Sie schreiben:
> danke für Ihre Klarstellung; dass auch die Lehrenden gekämpft
> haben, war in der anderen Mail nicht zu lesen (ich habe sie unten
> nochmal stehen gelassen), ich hätte es mir aber auch nicht anders
> erwartet  - aber: das macht die Sache ja eigentlich nur noch
> schlimmer, finde ich. Es ist doch so, dass für das IB eine
> Bibliothek eine andere Qualität hat als für andere Studiengänge -
> und die IB-Studierenden die könnten, da sie ja vom Fach sind IHRE
> Bibliothek einfach selber organisieren - vielleicht bin ich da ja zu
> optimistisch und zu pragmatisch in meiner Denke, aber gesagt
> haben wollte ich es schon...

Genau das wurde auch versucht - wie man sieht aber ohne Erfolg.
Die Diskussion darüber ist (war) aber recht vielschichtig
und kann hier nicht in Kürze wiederholt werden.
An der Bereitschaft der Institutsmitarbeiter/innen und der Studierenden hat
es aber sicher nicht gemangelt!

> ...und wenn ich schon dabei bin, noch ein Gedanke zu einem
> anderen Thema in Ihrer Mail: die Bibliothekswissenschaft (so es
> sie denn gibt - denn auch da gehen die Meinungen zumindest hier
> in inetbib ja verschiedene Wege...) - hat meiner Ansicht nach nur
> dann ein Chance, wenn sie nicht alleine ihrer Wege geht -
> ich denke da immer an das englische Kürzel LIS -
>  in lang: Library AND Information Science.

Dass Bibliothekswissenschaft ein essentieller Teil der sehr viel
umfangreicheren
Informationswissenschaft ist, steht meines Erachtens seit über vierzig
Jahren außer Frage.
Dass es inzwischen aber noch wichtiger wäre, darauf aufmerksam zu machen,
dass ihr zentrales Thema die Wissensorganisation ist, (Knowledge
Managements), haben wir
(Umstätter, W. u. Wagner-Döbler, R.: Einführung in die Katalogkunde.
Hiersemann Verl. Stuttgart2005)
versucht erneut deutlich zu machen. Das war und ist der eigentliche Sinn von
Katalogen.

Darum ist es auch ein essentieller Teil der heutigen
Bibliothekswissenschaft, auf die semiotische Komponente
in modernen Katalogen aufmerksam zu machen. In der zweiten Hälfte des
letzten Jh. haben Computer
fast immer nur Information verarbeitet, jetzt lernen sie Begriffe zu
verarbeiten
(Ontologien, semiotische Thesauri) und im nächsten Schritt  geht es um
Wissen (begründete Information).
Das ist eigentlich eine neue Form der Redundanz, die a priori Redundanz,
weil der Wissende bestimmte Informationen bereits vorhersehen kann.
Schon daran sieht man, dass Bibliothekswissenschaft auf der
Informationstheorie basiert.
Sonst würden wir uns damit ja nicht beschäftigen müssen.

Sie sprechen daher ein wirklich zentrales Problem an.
So lange Bibliothekare und Bibliothekarinnen selbst noch darüber
diskutieren,
ob es eine Bibliothekswissenschaft gibt, kann man deren Wirksamkeit nach
außen
nur schwer transparent machen - insbesondere wenn man in der Minderheit ist.
Wir brauchen eine kritische Masse an bibliothekswissenschaftlich denkenden
Menschen,
damit es zu der so notwendigen Wissensexplosion auf diesem Gebiet kommt.

Eigentlich müssten sich doch wohl alle Bibliothekarinnen und Bibliothekare,
so sie dieses Fach studiert haben,
als wissenschaftlich Ausgebildete verstehen, die die Digitale Bibliothek
professionell weiter entwickeln.

Auch in der Medizin wird diskutiert, ob Ärzte/innen Wissenschaftler/innen
sind,
aber das wird auch von Laien mehr als Sophistik verstanden,
wenn diese den Herrn Doktor oder die Frau Doktor besuchen ;-).

Das Image von Bibliothekar/innen ist bei Laien gar nicht schlechter,
aber der Berufsstand selbst ist zu zerstritten, wenn man allein diese
Diskussion über die Existenz
der Bibliothekswissenschaft sieht. Man erinnere sich nur an das DBI, das
daran bereits gescheitert ist,
und wie weit es einer BEA (BibliotheksEntwicklungsAgentur) gelingen wird, in
Deutschland wirklich wieder
Bibliothekswissenschaft zu fördern, wird man abwarten müssen.


MfG

W. Umstätter


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.