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Re: [InetBib] Wikipedia als Goldesel?



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Zum Glück habe ich nie als Landes- und Pflichtexemplarbibliothekar gearbeitet, 
der in seinem Einzugsbereich rechteste und linkeste "Verlage" hatte und 
Porno-Lieferanten.

Diese Bibliothekare sind schon wegen der Publikationswelle, die da über ihnen 
zusammenbricht gezwungen, eine Auswahl zu treffen. Unendlichen Raum haben sie 
nicht zur Verfügung. Und wenn sie schon auswählen, warum dann nicht auch nach 
Qualität? Der Landesherr, der seinerzeit die Publikationen seiner 
"Presse-Policey" unterwarf, hat ja auch nur gesichtet, aber nicht alles 
aufgehoben.
So tun da nichts anderes als diese super wissenschaftlich qualifizierten 
Archivare, die ja auch nur ausgewähltes Material aufheben ;-). Sonst besäßen 
wir ja z.B. alle alten Prozeßakten noch, nach denen mich die Enkel von Klägern 
beim Reichsgericht fragen.

Leider wird bislang in der Diskussion hier übersehen, dass die 
Pflichtexemplargesetze häufiger eine Entschädigungspflicht in Geld für das 
abgelieferte Produkt vorsehen (bis zu 50 % des Ladenpreises). Wer also diesen 
Preis nur hoch genug ansetzt, kann seine Unkosten relativ gut hereinbekommen 
und dem Staat die Finanzierung seines verlegerischen Treibens aufbürden.

Unglücklich ist, dass es aus Sparsamkeitsgründen nicht mehr so viele 
Fachreferenten gibt, die erlernte Fächer richtig betreuen können. Wenn man eine 
bestimmte Berufssparte, gleich welcher Profession, nur hinreichend kaputtspart, 
erledigt sich sowieso jedes Qualitätsargument. Wer dies bedenkt, fällt nicht 
auch noch den doch irgendwie verwandten Bibliothekaren in den Rücken. Wieso 
kann man mit denen in einer Liste schreiben, die auch noch bib im Namen hat?
Nur gut, dass es sich auf Einzelfälle beschränkt.

Dietrich Pannier



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Klaus Graf
Gesendet: Donnerstag, 18. Februar 2010 15:13
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Wikipedia als Goldesel?


On Thu, 18 Feb 2010 13:21:14 +0100
 Sebastian Wolf <sebastian.wolf@xxxxxxxxxxxxxxxx> wrote:

Wenn das bei den
alphascript-Büchern nicht
erfolgt ist, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor,
gegen die die
Wikipedia auch vorgehen kann.

Da die Wikipedia kein Rechteinhaber ist, kann sie auch
nicht dagegen vorgehen, sondern nur betroffene Autoren,
wobei der Anspruch auf Unterlassung von jedem einzelnen
geltend gemacht werden kann, Schadensersatz aber nur von
allen Beteiligten gemeinsam.

Ein Wort zum Pflichtexemplar: es ist nicht die Aufgabe von
Bibliothekaren, sich als Qualitaets-Warte bei
Pflichtexemplaren zu gerieren. Sinn des Pflichtexemplarrechts
ist es nicht, gute Buecher in die Bibliotheken zu bringen,
fuer die die Bibliotheken sonst kein Geld haetten, sondern
ein komplettes Bild des geistigen Schaffens zu dokumentieren.
Daraus ergibt sich, dass Bibliothekare, die aus
Qualitaetsgruenden Buecher als Pflichtexemplare ablehnen,
nichts anderes als die frueheren Zensoren sind. Sie verdienen
Verachtung, nicht Bewunderung. Im uebrigen frage ich mich
auch, wieso die extrem duerftige wissenschaftliche
Qualifikation eines Fachreferenten an einer
wissenschaftlichen Bibliothek ausreicht, die Qualitaet von
Fachpublikationen zu beurteilen.

Klaus Graf

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http://www.inetbib.de



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