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Re: Subito Klage



Einige Ergänzungen zum Thema:

1. Die Verlage, über deren Preise sich die Bibliothekare ärgern, verhalten
sich als Wirtschaftsunternehmen - das wurde um die Jahreswende herum schon
einmal diskutiert - völlig rational. Sie machen auch gar keinen Hehl aus
ihren Zielen, vgl. FAZ vom 2.7.04, S.17, wo ausgeführt ist, dass der
Springer-Verlag seine Umsatzrendite von derzeit 15% auf mehr als 20%
steigern will.  Chef des Verlages ist Derk Haank, uns allen von Elsevier
her bekannt. In derselben Ausgabe der FAZ ist ein ein Porträt (Bild und
Text ) von ihm mit der Überschrift "Der Geldmacher im Spinger-Fachverlag".

2. Die verschiedenen Resolutionen wie Budapester Erklärung, Berliner
Erklärung, Appelle in verschiedenen Universitäten sind zwar notwendig und
hilfreich, ändern aber am Publikationsverhalten der Wissenschaftler noch
nichts.

3. Wer Open Access erreichen will, der muss sich in die Diskussion mit
jedem einzelnen Wissenschaftler begeben - das ist zeitraubend, frustierend
und führt nur ganz langsam zum Erfolg (und häufig nicht). Hier können sich
die Bibliothekare betätigen!

4. Die Rahmenbedingungen der Forschungsfinanzierung müssen sich ändern:
Warum gibt es noch keine Auflagen der staatlichen Drittnittelgeber, dass
die Forschungsergebnisse (auch) unter Open Access - Bedingungen publiziert
werden müssen - sonst gibt´s keine Forschungsmittel.

5. Zum Schluss: Im oben genannten FAZ-Artikel ist auch ausgeführt, dass
Springer resp. D. Haank das Finanzierungsmodell von Zeitschriften umdrehen
will: Die Autoren zahlen. Das klingt zwar nach Open Access - aber wer
glaubt eigentlich, dass Springer deshalb auf die Renditesteigerung
verzichten wird. Ob bei den Bibliotheken oder den Autoren "abkassiert"
wird, das ist für mich kein Unterschied.

Klaus Franken

At 18:31 06.07.2004 +0200, you wrote:
Ergaenzend zur Berichterstattung in http://log.netbib.de :

http://www.dini.de/documents/Klage-BV180604.pdf

Die Klageschrift des Boersenvereins vom 18.6.2004 kann man
aus Nutzersicht nur mit Entruestung lesen.

Die Klaeger verweisen auf die exorbitant hohen
Zeitschriftenpreise z.B. von Wiley und behaupten,
Zeitschriftenabbestellungen durch Bibliotheken haetten auch
den Grund, dass Liefersysteme wie SUBITO zur Verfuegung
stuenden.

Die Verlagen setzen ganz auf ihre pay-per-view und
Lizenz-Angebote. Wuerden sie mit ihrer Argumentation
durchkommen, waere die wissenschaftliche
Literaturversorgung im Mark getroffen.

Man darf nicht uebersehen, dass Lizenzangebote und (in der
Regel ueberteuerte) pay-per-view-Angebote eine
urheberrechtlich begruendete Monopolstruktur aufweisen, die
in Richtung auf einen Zwang zur Nutzung geht. Der Nutzer
kann nicht mehr in einem Artikel einfach zu blaettern und
dann entscheiden, ob er ihn sich kopieren moechte, wobei
bei den Kopien ja VG WORT Gebuehren ausgeschuettet werden.
(Man kann sicher diskutieren, ob diese angemessen hoch
sind.)

Muesste man als Wissenschaftler, der kein reicher Erbe ist,
fuer jeden aktuellen Aufsatz pay-per-view-Gebuehren aus
eigener Tasche bezahlen, so koennte man nicht mehr
wissenschaftlich publizieren.

Sollen Wissenschaftler wirklich gezwungen werden, zu den
Standorten lizenzierter Produkte zu reisen, wenn sich die
eigene Institution diese nicht leisten kann?

Die Alternative ist einfach:

Begegnet der schamlosen Preistreiberei der Verlage durch

a) Open Access mit seinen zwei Saeulen self archiving und
Open Access E-Journals

b) die wissenschaftliche Privatkopie, die im Rahmen
persoenlicher Beziehungen weitergegeben wird.

Noch ein Wort zum Dreistufentest: Auf Dauer muss dieses
(aufgrund TRIPS) geltende Recht, das fuer die Buerger und
Verbraucher der Informationsgesellschaft ein krasses
Unrecht darstellt, wieder verschwinden. Die extreme
Einengung der Rechte der Allgemeinheit kann und darf nicht
das letzte Wort sein.

Klaus Graf

Dr. Klaus Franken Bibliothek der Universität Konstanz D-78457 Konstanz Tel. 07531/88-2800 Fax 07531/88-3082 mailto:Klaus.Franken@xxxxxxxxxxxxxxx


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.