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[InetBib] Gemeinsam Rechtsstandards für FDM entwickeln (war: Re: Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d UrhG))



Guten Morgen Herr Jagusch, liebe Kolleginnen und Kollegen,

in diesem Zusammenhang erlaube ich mir auf die key note Ihres virtuellen Forschungsdatentages im Oktober hinzuweisen: Die BMBF-Fachjuristin verwies u.a. mehrfach darauf, dass es kein Eigentum an Daten gibt und Daten an sich nicht urheberrechtlich geschützt sind. Die Präsentation ist dokumentiert unter https://www.forschungsdaten.uni-mainz.de/files/2020/10/Vortrag-Urheberrecht-und-Daten-im-Wissenschaftskontext_final.pdf, die Veranstaltung insgesamt unter https://www.forschungsdaten.uni-mainz.de/files/2020/10/Vortrag-Urheberrecht-und-Daten-im-Wissenschaftskontext_final.pdf

Sehr gerne möchte ich Ihre Anregung aufgreifen und alle in FDM- und forschungsnah tätigen Kollegen/innen (z.B. auch Landesinitiativen, natürlich gerne auch interessierte DINI-AGen) einladen, ab 2021 gemeinsam an solchen Klarstellungen und wissenschaftsfreundlichen Standards für FDM-Recht mitzuarbeiten und uns dazu anzusprechen! Das NFDI-Direktorat hat bereits angekündigt, dass die Sektion Recht in der NFDI zeitnah gegründet wird und dann v.a. auch als Netzwerk ihre Arbeit aufnehmen kann.

Viele Grüße, Thomas Hartmann (FIZ Karlsruhe)

Am 11.11.2020 um 09:59 schrieb Jagusch, Gerald via InetBib:
Liebe KollegInnen,

ich beobachte seit längerem, dass der Begriff Forschungsdaten sehr ausufert und 
dadurch die Diskussionen, insb. die rechtlichen, eher erschwert werden. Persönlich 
bin ich auch eher der Meinung von Herrn Hartwig.
Kennt jemand eine konzise Definition, die Werke von Daten abgrenzt?

Wäre es nun mal an der Zeit eine solche Definition zumindest für Deutschland / 
deutsches Recht zu erarbeiten und in den Gremien der üblichen Akteure (RDA-DE, 
DINI/nestor-AG Forschungsdaten, NFDI) abzustimmen?
Das erschiene mir sehr sinnvoll.

Man könnte mehrere Stufen zu definieren versuchen, auch wenn es natürlich nie 
juristisch perfekt sein wird.

*  Daten im Sinne von Nullen und Einsen
*
*  Zwischenstufen?
*
*  Werke im Sinne des URhG

Ich habe mir mal erlaubt das hier auf der DFN-FDM-Liste quer zu posten, um noch 
mehr KollegInnen zu erreichen.

Vielen Dank und schöne Grüße,
Gerald Jagusch
Dipl.-Phys. Gerald Jagusch Teamleitung Forschungsdatenservices, Fachreferat Maschinenbau, Leitung Sacherschließung
Abteilung Informationstechnologie, Forschung und Entwicklung
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
Technische Universität Darmstadt
Franziska-Braun-Straße 10 (L4|02), Raum 107
64287 Darmstadt
gerald.jagusch@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx
www.tu-darmstadt.de/tudata
www.ulb.tu-darmstadt.de
ORCID: 0000-0001-9964-1112



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxx] Im Auftrag von Falk Hartwig 
via InetBib
Gesendet: Mittwoch, 11. November 2020 09:33
An: inetbib@xxxxxxxxxx; annette.strauch@xxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d UrhG)

Liebe Frau Strauch,

Sie unterstützen die Ansicht, Daten seien urheberrechtsfrei ("Ich sehe es primär so wie es 
Herr Hartmann schreibt") und sehen einen literarischen Text im digitalen Format als Forschungsdatum an. 
Daraus folgt, der literarische Text im digitalen Format könne nicht urheberrechtlich geschützt 
werden. Hier haben wir also einen Widerspruch.

Natürlich sind Daten urheberrechtsfrei. Aber eben nur so lange, wie Daten eben 
noch Daten bleiben. Wenn ich Werke zu Daten mache, liefere ich unsinnigen und 
hinderlichen Urheberrechtsbestimmungen doch erst recht Futter.

Ein literarischer Text bleibt ein literarischer Text. Der literarische Gehalt einer Erzählung von 
Schiller ändert sich nicht, wenn ich diese in irgendeinem digitalen Format lese anstatt auf Papier. 
Auch originär digital entstandene Werke, etwa multimedial, bleiben Werke. Sie können, wenn man 
ihnen eben kalt und technokratisch begegnen will, als eine Summe aus Daten angesehen werden. Das gilt 
für den Schiller-Text aber ganz genauso. Auch mit Tinte auf Papier geschriebene Zeichen sind Daten.

Ich möchte niemandem zu nahe treten ... Aber das trendige Forschungsdatenmangement scheint mir 
zu einem Selbstläufer zu werden, der meint, das Rad neu erfinden zu müssen, weil wir den 
digitalen Wandel haben. Ich verstehe die Problematik in den Bereichen, wo tatsächlich 
empirische Daten, Messdaten etc. anfallen.


Beste Grüße,
Falk Hartwig


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Annette Strauch via InetBib [mailto:inetbib@xxxxxxxxxx]
Gesendet: Dienstag, 10. November 2020 17:42
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Cc: Annette Strauch <straucha@xxxxxxxxxxxxxxxxx>
Betreff: Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d UrhG)

Lieber Herr Hartwig, liebe Kollegen,

schafft man sich das in Rede stehende Problem nicht erst dadurch, dass 
plötzlich alles ein Forschungsdatum sein kann.
Nein.

Einen literarischen Text zu einem Forschungsdatum zu erklären, ist absurd.
Ein literarischer Text ist auch ein Forschungsdatum: Literatur in einer 
PDF-Datei z.B.

Forschung ist doch nun in der Tat meistens digital, nicht wahr, so auch die textbasierte 
Forschung in den Literaturwissenschaften (Textsammlungen von lit. Texten, Sachtexten od. 
wenn wir uns mit Handschriften beschäftigen). Es geht hier um die verworrenen Fragen 
beim Urheberrecht. Im Forschungsdatenmanagement sind diese Themen essentiell im Kontext 
von nachhaltiger Forschung und wissenschaftlicher Integrität (Kultur der 
Redlichkeit).

TDM-Schranke (§ 60d UrhG)
Ich sehe es primär so wie es Herr Hartmann schreibt

1.) Daten sind urheberrechtsfrei (!)

2.) "Das TDM selbst ist in der Regel keine urheberrechtsrelevante
Handlung" (!)
Hier ging es um das TDM.
Sonst wäre jeweils eine Einzelfallbetrachtung notwendig.

Wohl kann ich aber mit oder aus Daten ein Werk schaffen, das seinerseits einen 
Urheberrechtsschutz genießt.
Ja.

Einen literarischen Text zu einem Forschungsdatum zu erklären, ist absurd.
Digitaler Wandel?

Herzliche Grüße,
Annette Strauch


Am 10.11.2020 um 16:54 schrieb Falk Hartwig via InetBib:
Lieber Herr Brettschneider, Kolleginnen und Kollegen,

schafft man sich das in Rede stehende Problem nicht erst dadurch, dass plötzlich alles ein Forschungsdatum sein 
kann. Einen literarischen Text zu einem Forschungsdatum zu erklären, ist absurd. Ein Forschungsgegenstand war er 
schon immer und ist er auch weiterhin. Ein Text kann eine Schöpfungshöhe aufweisen, die einen 
Urheberrechtsschutz rechtfertigt. Erhobene, gemessene, erstellte oder aggregierte Daten haben keine 
Schöpfungshöhe. Wohl kann ich aber mit oder aus Daten ein Werk schaffen, das seinerseits einen 
Urheberrechtsschutz genießt. Einen Sack voll Sand nennen wir doch auch einen Sack voll Sand und nicht Sandkorn 
oder einen Sack Sandkörner.

Beste Grüße, Falk Hartwig


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Peter Brettschneider via InetBib [mailto:inetbib@xxxxxxxxxx]
Gesendet: Dienstag, 10. November 2020 16:09
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d
UrhG)

Lieber Herr Röpke,

vielen Dank für den spannenden Beitrag den Sie und Ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter verfasst haben! 
Gerade weil das Recht der aus wissenschaftlicher Perspektive gewünschten Nutzung urheberrechtlich 
geschützter Daten Grenzen setzt und auch nach der anstehenden Urheberrechtsänderung im Sommer 2021 
weiter setzen wird, finde ich den von Ihnen verfolgten technischen Lösungsansatz außerordentlich 
interessant.

Lieber Herr Hartmann,

ich begrüße und teile Ihr Eintreten für ein wissenschaftsfreundliches Urheberrecht. Gleichwohl 
habe ich mit Ihrer Aussage "Daten sind urheberrechtsfrei" - zumindest in dieser Pauschalität - 
meine Probleme.
Wenn diese zutreffen würde, dann wäre § 60d UrhG weitgehend überflüssig.
Er wäre höchstens noch als Schranke der Rechte an Datenbanken notwendig.
Trotzdem haben Sie unzweifelhaft recht, sofern man eine
Datendefinition zugrunde legt, die auf Bits und Bytes abzielt. Wenn
man als Forschungsdatum hingegen z.B. den Text eines Literaten, den
Zeitungsbeitrag eines Journalisten oder die Satellitenaufnahme eines
Astronomen versteht, wird schnell deutlich, dass Forschungsdaten im
Einzelfall sehr wohl urheberrechtlichen Schutz genießen können. Anders
ausgedrückt: Ob Daten urheberrechtsfrei sind, muss leider für jedes Forschungsvorhaben gesondert 
geprüft werden. In manchen Fälle ist dies einfach zu bejahen, in anderen hingegen mit erheblichem 
Aufwand verbunden (z.B. wenn Gemeinfreiheit eingetreten sein könnte und dafür das Todesdatum von 
Urhebern zu ermitteln ist).

Ich verstehe aber Ihre Intention und danke Ihnen dafür, dass Sie daran 
erinnern, dass man den urheberrechtlichen Schutz von Forschungsdaten nicht einfach 
pauschal unterstellen sollte.

Mit besten Grüßen

Peter Brettschneider


Am 10.11.2020 um 11:34 schrieb Thomas Hartmann via InetBib:
Guten Morgen Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Röpke,

besten Dank für den Hinweis auf diesen Artikel, in dem detaillierter
TDM, dessen urheberrechtlichen Einzelheiten und eher politische
Einordnungen vorgestellt werden. Über den angesprochenen Ausweg,
Datencorpora eher segmentiert bzw. sequentiell zu nutzen, und damit
eventuelle vereinzelte Urheberrechtsbarrieren technologisch zu
umgehen, haben wir auch schon nachgedacht; generell erscheint es
natürlich nicht wünschenswert, einzelne Methoden oder Tools in einem
Innovationsfeld wie TDM speziell bzw. "nur" vorauseilend wegen
eventueller Urheberrechtsunklarheiten zu empfehlen.

Ich möchte dazu aufrufen, sich zuerst nur zwei Grundprinzipien des
Urheber- und Immaterialgüterrechts zu vergegenwärtigen:

1.) Daten sind urheberrechtsfrei (!)

2.) "Das TDM selbst ist in der Regel keine urheberrechtsrelevante
Handlung" (!), Quelle: Artikel

Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass die dem TDM zugrunde
liegenden Daten- und Textcorpora von unseren öffentlichen
Einrichtungen regelmäßig umfassend eingekauft werden, sollten wir
nicht unreflektiert urheberrechtlich schmale Argumente v.a. der
Rechteinhaber annehmen, die ihren Ursprung vor vielen Jahrzehnten
haben. Die in dem Artikel näher besprochenen Bestimmungen bringen
Komplexität und Unsicherheit für die Anwender/innen mit sich, welche
die Nutzung von TDM behindern kann (denken Sie nur an andere
"Vorbilder" wie Zweitveröffentlichungsrechte, elektronische Leseplätze).

Das ist keine Kritik speziell an dem Artikel, in dem die
Autoren/innen immerhin stellenweise - wenn auch vorsichtig -
konstatieren, dass die Sache "schief" liege. Grundlegender
positioniert sich (generell zum
Urheberrecht) das vor wenigen Tagen von einer interdisziplinären
Forschergruppe veröffentlichte "Urheberrecht 2030– Memorandum zur
Zukunft des kreativen Ökosystems in Europa", siehe
https://eu2020-bmjv-intellectual-property.de/storage/documents/Copyri
g
ht_2030_de.pdf

Viele Grüße, Thomas Hartmann (FIZ Karlsruhe)


Am 09.11.2020 um 21:58 schrieb Röpke, Jörg via InetBib:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hiermit möchte ich Sie auf den Artikel "Abgeleitete Textformate:
Text und Data Mining mit urheberrechtlich geschützten
Textbeständen", erschienen in der "Zeitschrift für digitale 
Geisteswissenschaften"
(ZfdG), aufmerksam machen.

http://dx.doi.org/10.17175/2020_006

Das "Text und Data Mining" (TDM) mit urheberrechtlich geschützten
Texten unterliegt trotz der TDM-Schranke (§ 60d UrhG) weiterhin
Einschränkungen, die u. a. die Speicherung, Veröffentlichung und
Nachnutzung der entstehenden Korpora betreffen und das volle
Potenzial des TDM in den Digital Humanities ungenutzt lassen. Als
Lösung werden "abgeleitete Textformate" vorgeschlagen: Hier werden
urheberrechtlich geschützte Textbestände so transformiert, dass alle
wesentlichen urheberrechtlich relevanten Merkmale entfernt werden,
verschiedene einschlägige Methoden des TDM aber weiterhin zum
Einsatz kommen können. Bibliotheken und Archiven kommt hierbei eine
zentrale Rolle bei der Etablierung abgeleiteter Textformate zu, weil
sie rechtmäßigen Zugang zu umfangreichen urheberrechtlich
geschützten Textbeständen haben.

Grüße

Jörg Röpke
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Abteilungsleiter EDV und Digitale Medien Fachreferent
Informatikwissenschaften u. Mathematik

Universität Trier
Universitätsbibliothek
Universitätsring 15/ BZ 125
54296 Trier
Fon:       +49 (0)651 201-2487
Fax:       +49 (0)651 201-3977
--
Annette Strauch, M.A.
Forschungsdatenmanagement (FDM)
Research Data Management (RDM)

https://www.uni-hildesheim.de/forschungsdaten/

Love your data!

WÄHREND COVID-19 SCHUTZPHASE DIGITAL ERREICHBAR DIGITALLY AVAILABLE DURING COVID-19 
PROTECTION PHASE Beratungen nach Vereinbarung im FDM-Raum (BigBlueButton; die Stühle 
stehen schon bereit ;) !) - https://bbb.uni-hildesheim.de/b/ann-34u-ft7
Consultations by appointment in the RDM room (BigBlueButton; the chairs are 
already there ;)! - https://bbb.uni-hildesheim.de/b/ann-34u-ft7


Look after your research data and research software now!
Look after it all the way through to the archiving of valuable results in order 
to permit further research built on that existing data.
We give support, training, tools, guidance and infrastructure.


Strauch, A. (2020). Universitätsbibliotheken heute. Partner im 
Forschungsdatenmanagement in der Praxis, ABI Technik, 40(2), 177-186. doi: 
https://doi.org/10.1515/abitech-2020-2008

https://www.b-i-t-online.de/heft/2020-01-fachbeitrag-strauch



Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.